Ist der Green Deal der Eu grün?
Die Macher der Toblacher Gespräche zweifeln daran
Vor zwei Jahren ließ die Präsidentin der EU-Kommission aufhorchen. Ursula von der Leyen kündigte den European Green Deal an, mit dem Ziel, eine klimaneutrale Europäische Union EU bis 2050. Dieser Deal sieht ein Bündel von Maßnahmen vor, die die klimaschädlichen CO2-Emissionen verringern sollen.Ein schwieriger Spagat. Die EU verpflichtet sich nämlich, wirtschaftliches Wachstum zu fördern, gleichzeitig sollen aber auch die europäischen Umweltziele (insbesondere das Ziel, die Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius) eingehalten werden. Für die Macher der Toblacher Gespräche ein schwieriges Unterfangen, denn läßt sich wirtschaftliches Wachstum von der Ressourcennutzung entkoppeln? (siehe Interview mit dem Finanzwissenschaftler Alberto Lanzavecchia).
Der New Green Deal – eine grüne Vision
Die Toblacher Gespräche kuratieren seit dem Tod des Erfinders Hans Glauber Wolfgang Sachs vom Wuppertaler Institut und Karl-Ludwig Schibel vom Klimabündnis. Beide begrüßen trotz der Bedenken der europäischen Umweltbewegung die grüne Polit- und Wirtschaftsvision der EU-Kommission.
Eine Vision, die die Kommission den Mitgliedsstaaten mehr oder weniger aufzwingt. „Aber als die Präsidentin von der Leyen im Dezember 2019 den Grünen Deal präsentierte, mit dem der Kontinent bis 2050 klimaneutral und die Biodiversität wiederhergestellt werden sollte, konnte sie noch nichts von der COVID-19-Pandemie ahnen,“ schreiben Sachs und Schibel. Von der Leyen formulierte Maßnahmen, die inzwischen die EU-Mitgliedsstaaten für ihren Aufschwung als wichtig einschätzen: das Förderprogramm Next Generation EU, Stärkung des Gesundheitswesens, Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Digitalisierung.
Sachs und Schibel vermuten, dass die Strategien und Maßnahmen des grünen Deals zu konkurrierenden Deutungen und zahlreichen Konflikten führen werden. Neu ist das nicht, analysieren die Kuratoren der Toblacher Gespräche: „Schließlich haben schon immer die Umweltprobleme in der Landwirtschaft, der Autoindustrie, der Energiewirtschaft und Bauindustrie lokal und national für Streit gesorgt,“ heißt es in der Einladung zu den Gesprächen, diese Kontoversen sind jetzt auf europäischer Ebene angekommen.
Zweifel am Spagat
Sachs und Schibel zweifeln daran, dass die EU wirtschaftliches Wachstum fördern und ihre Umweltziele einhalten kann. Das schwierigste Ziel ist die Erderwärmung unter 1,5 °C zu halten. Das ist die große Herausforderung, sind sich die Macher der Toblacher Gespräche sicher. Der Verbrauch von Ressourcen soll ja spürbar verringert werden, wie ist da Wachstum möglich, nicht nur eine Frage auf den Toblacher Gesprächen. Um die Umweltziele einzuhalten, müssen jene Wirtschaftssparten klein geschrumpft werden, die eine Gefahr für das Klima, für die Biosphäre sind, sagt Sachs und meint damit die fossil-energetische, autoindustrielle und petrochemische Industrie.
Laut Schibel sollen Sektoren wachsen, die nachhaltig sind und wirken – erneuerbare Energien, die Bahn, Biolandbau oder grüne Chemie. Diese Teile der nachhaltigen Wirtschaft können für ein sogenanntes aggregiertes Wachstum sorgen: Ein Wachstum auf der Basis von Innovation und Qualifikation.
Pessimismus angesagt?
Vieles ist also möglich. Es ist keineswegs sicher, üben sich Sachs und Schibel im Pessimismus, dass die Summe der Wachstums- und Schrumpfungsprozesse zu einem dauerhaften aggregierten Wachstum führen wird.
Die Südtiroler Landesregierung legte einen Rohentwurf für einen Klimaplan vor, der zu einer Plattform werden soll für die vielen existierenden Labor-Versuche im Land. Von der erneuerbaren Energie über die Bio-Landwirtschaft bis zum Ethical Banking. In den nächsten Tagen stellen wir die von Ethical Banking unterstützten nachhaltigen Initiativen im Land auf der Homepage vor.