Die ganz Anderen

Farmfluencers

Die studierte Designerin Meike Hollnaicher öffnete mit ihrem Uni-Projekt Farmfluencer eine Plattform für innovative Landwirte und Bäuerinnen. Dieses Experiment ermöglichte die Universität, sagt Hollnaicher begeistert

Meike Hollnaicher arbeitet für die Messe Bozen. Dort steht einiges auf dem Programm, die Tip World, die Gastronomie-Messe in Bruneck, ab dem 18. Mai die Klimahouse-Messe und die damit verbundene Klimamobility. Zwei Themen, die Meike Hollnaicher am Herzen liegen.
Klima, Umwelt, eine andere Landwirtschaft, damit beschäftigt sich Meike Hollnaicher schon seit einiger Zeit. Sie verfasste ihre Abschlussarbeit im Master Eco-Social Design an der Freien Universität Bozen über Farmfluencer. In einem Interview mit Vicky Rabensteiner von der FUB sagte Meike Hollnaicher über ihr Interesse für die Landwirtschaft: „Das war eine Mischung aus persönlichem Interesse und der Gewissheit, dass wir in einem System feststecken, das Landwirten oft nur die Wahl lässt sich selbst oder ihren Grund und Boden auszubeuten. Die Bäuerinnen und Bauern arbeiten sehr viel für sehr wenig Lohn und noch weniger Anerkennung – und doch sind sie Systemrelevant.“
Besonders angetan war sie von jungen und weniger jungen LandwirtInnen, Aus- und Umwege aus dem System zu finden. Einige davon waren Quereinsteiger, kamen von völlig anderen Jobs und Berufserfahrungen und wollten es versuchen, andere Bauern zu sein. Um diese Gruppe herum entstanden die Farmfluencer. Damit verbringt Meike Hollnaicher ihre Freizeit. Sie will mit den Farmfluencers etwas anstoßen, das Nachdenken, die Suche nach Alternativen aus dem System der Landwirtschaftssubventionen und nach einem Ausweg aus der Sackgasse, die sich derzeit in der Milchwirtschaft recht drastisch abzeichnet.
Die Farmfluencer beschreibt Hollnaicher folgendermaßen: „Alle haben ein Ziel: schlicht und einfach ein gutes Leben für sich, ihre Familie und die Natur, die sie umgibt und ernährt. Kein Reichtum, kein Wachstum, kein mehr.“
Meike Hollnaicher kommt von einem Bauernhof in Baden-Württemberg und kennt den zähen Überlebenskampf der bäuerlichen Betriebe. Betriebe, die nicht auf Vergrößerung setzten, mussten weichen. Wachsen oder Weichen war angesagt. Tausende kleine und mittelständige Bauernhöfe gingen ein. Doch auch die größer gewordenen Bauern verzweifeln, zitiert Hollnaicher eine Aussage: „Du verdienst zu viel, um zu sterben und zu wenig, um zu leben. Als Bauer bist du immer nur der Böse, der Pestizide sprüht und alles kaputt macht. Dabei wären wir die letzten, die unsere Böden zerstören, der ist unsere Lebensgrundlage.“ Die bisherige Südtiroler Lösung, der Bauer auch als Pfleger der Kulturlandschaft, als Touristiker, die Bauernmärkte in den Städten und Dörfern, findet Hollnaicher als nachahmenswert.
Die Farmfluencer stehen nicht alleine da. Vor drei Jahrzehnten entstanden die ersten Ansätze des biologischen Landanbaus, im Obst- und Weinbau. Auch sie setzen auf nachhaltiges Wirtschaften, organisierten sich im Verband Bio-Land. Der zuständige Amtsdirektor im Landwirtschafts-Ressort der Landesverwaltung, Andreas Werth, geht zwar davon aus, dass der Bio-Anteil nicht mehr großartig wachsen wird, doch Spielräume gibt es laut Werth genügend.
Meike Hollnaicher und Thomas Schäfer wollen mit ihrem Projekt Farmfluencern den innovativen Landwirten mehr Sichtbarkeit geben. Schäfer, der ehemalige Koch holte Matura und Uni-Studium nach, ist freiberuflicher Filmemacher und sorgt mit seinem Porträt-Filmen für die erwähnte Sichtbarkeit. Gemeinsam mit Meike Hollnaicher gewann er 2021 einen Förderpreis der Bozner Weigh Station. Damit konnte eine Reihe von Filmporträts der Südtiroler Farmfluencer gedreht werden.
Das andere Lobbying für die anderen Bauern stärkt diese in ihrem Engagement. Nachdem die Gruppe unabhängig von Verbänden und öffentlichen Institutionen arbeitet, sucht sie nach Unterstützung, nach SpenderInnen. Die Farmfluencer wirbt deshalb um Mikrofunding. Auf www.buymeacoffee.com/farmfluencers kann das Projekt unterstützt werden.