Wirksame Kleinkredite

Wirtschaftshilfe geht auch anders

Es sind nicht die Großprojekte und auch nicht die Milliarden, die den Menschen und Ländern im globalen Süden der Welt wirklich helfen. Nutznießer davon sind meist andere, die auch verantwortlich dafür sind, dass ihre Landsleute im Elend leben. Wie die indigenen Bauern, die Campesinos in Ecuador.
Denen wird geholfen, aus dem Ausland, mit dem Projekt "Microfinanza Campesina" der italienischen Genossenschaftsbanken mit ihrem „credito cooperativo“. Die Zusammenarbeit findet auf Augenhöhe statt, beruht auf Gegenseitigkeit, Mitbestimmung und Ausbildungsangeboten. Diese inzwischen erfolgreiche Initiative gilt international als Vorzeige-Modell.

Das 2002 gestartete Projekt ist keine einseitige Initiative des „Credito Cooperativo“. Der „credito“ kooperiert mit Codesarrollo, der zweitgrößten Bank des Dorfbanksystems in den ecuadorianischen Anden. Die Genossenschaftsbanken des „credito cooperativo“ und Codesarrollo einigten sich nach einer zehnjährigen Zusammenarbeit 2012 auf eine noch engere Kooperation ("Erklärung von Quito") .

Ein weiterer Partner ist der FEPP-Ecuatorian Populorum Progressio, eine private gemeinnützige Stiftung. Diese wurde in den 70er Jahren auf Initiative der ecuadorianischen Bischofskonferenz gegründet. Papst Paul VI. hatte in seiner Enzyklika Populorum Progressio dazu aufgerufen, Finanz-Mittel in den ärmsten Ländern für arme Bevölkerungsgruppen bereit zu stellen. Ziel, eine solidarische und integrative Entwicklung. Der Italiener Bepi Tonello koordiniert in der FEPP die verschiedenen Sozial- und Genossenschaftsunternehmen.
Seit 2002 haben sich 200 Genossenschaftsbanken und ländliche Kassen (darunter auch die Südtiroler Raiffeisenkassen und der Raiffeisenverband) an dem Projekt beteiligt. In den letzten sieben Jahren stellte Codesarrollo 30 Millionen Dollar als zinsgünstige Kleinkredite in Ecuador zur Verfügung.

Codesarrollo unterstützt auch junge Menschen beim Kauf von Land und fördert die Gründung von genossenschaftlichen Unternehmen. Eine Vorzugsbehandlung bei der Kreditvergabe erhalten naturnah wirtschaftende Campesinos, Energiesparmaßnahmen an Schulen – Sonnenkollektoren – in den indigenen Andengebieten, die Wiederaufforstung und die Einrichtung von „ökologischen“ Küchen auf dem Land. Fast 40 Prozent der Kleinkredite ging an Frauen, der größere Rest an Männer.
Die Kredite verteilt Codesarrollo in den Armuts-Regionen des Landes. Fast die Hälfte der Kredite gehen an Projekte in sehr armen Gemeinden, in denen zwei Drittel der Bevölkerung in Armut leben. Die Menschen in diesen Regionen gehören den indigenen Quechua/Kichwa an. Die indigenen Völker der Anden und im Amazonasbecken stellen 40 Prozent der ecuadorianischen Bevölkerung.

Die indigenen Organisationen in Ecuador wie die CONAIE (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador) sind starke politische Kräfte im Land. Ihre Vorläufer entstanden in der katholischen Welt und auch in der linken Gewerkschaftsszene. Die indigenen Organisationen erstritten 1964 die Landreform, 1989 das Gesetz zur interkulturellen zweisprachigen Erziehung an den Landschulen. Daran mitgewirkt hat auch der – inzwischen verstorbene - Bozner Befreiungstheologe Matthias Abram. Die Conaie arbeitete mit Abram und dem Bildungsministerium ein Programm zur bilingualen, interkulturellen Erziehung aus.

AktivistInnen aus dem Umfeld von Conaie gründeten 1996 das Movimiento de Unidad Plurinacional Pachakutik – Nuevo País (kurz: Pachakutik, offiziell: MUPP-NP). Den indigenen Organisationen und der indigenen Partei gelang es im Bündnis mit der Linken 1998 eine neue Verfassung zu formulieren und zu verabschieden. Laut Artikel 1 ist Ecuador ein „sozialer Rechtsstaat, souverän, einheitlich, unabhängig, demokratisch, plurikulturell und multiethnisch“, eine Verfassung also, die zahlreiche Rechte für die indigenen Volksgruppen und die ethnische Minderheit der Afroecuadorianer festschreibt.

Auch auf indigenem Druck ratifizierte 1998 Ecuador das „Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern“ (ILO 169 von 1989). In diesem Zusammenhang wurde eine staatliche Behörde, der „Rat für die Entwicklung der Nationalitäten und Völker Ecuadors“ (span. Consejo de Desarrollo de las Nacionalidades y Pueblos del Ecuador, CODENPE) eingerichtet, die sich für die Belange der indigenen Völker in der politischen Praxis und der Verwaltung einsetzt.

Einiges konnten die Organisationen der indigenen Völker durchsetzen, wie die Legalisierung von Grundstücken und Ländereien der Indigenen, Bewahrung des Gemeindelandes, Anspruch auf gemeinschaftlich genutzte Ländereien, politische Mitbestimmung, die Aufhebung der rigiden Sparpolitik und der neoliberalen Reformgesetze. Sie wehren sich auch gegen die geplante Freihandelszone FTAA/ALCA bzw. das Freihandelsabkommen (span. Tratado de Libre Comercio, TLC) Ecuadors mit den USA.

Von den Kleinkrediten von Codesarrollo profitieren die indigenen „comunas“ mit ihrem gemeinschaftlichen Landbesitz. Die italienischen Genossenschaftsbanken und die Raiffeisenkassen sind das Rückgrat von Codesarrollo. In Ecuador waren noch weitere Südtiroler aktiv. Der Bio-Bauer Franz Egger unterstützte in der Küstenregion indigene Bauern, Arno Teutsch mit seinem Verein Ecol-Net Projekte wie eine Umweltbeobachtungsstelle im Amazonas-Becken. Projekte, die auch über die Entwicklungszusammenarbeit des Landes Südtirol finanziert wurden.

Klein-Kredite für indigene campesinos, Klein-Bauern, aus Italien und Südtirol, um ein nachhaltiges Entwickeln und Wirtschaften zu ermöglichen.

Links mit weiterführenden Informationen:

Microfinanza Campesina in Ecuador - Credito Cooperativo

Bepi Tonello e il risparmio: «Virtù dimenticata» / Attualità / Archivio / Home - La Difesa del Popolo (difesapopolo.it)


Kairòs Web Interview - Quarta Puntata: l'impegno in Ecuador di Bepi Tonello - Bing video